Auf
dem Weg zur Platte (etwa unterhalb des Eichelberges, direkt am alten
Sonnenberger Weg) liegen versteckt im Wald und unter Büschen und
Gestrüpp versteckt, die Überreste des ehemaligen Kastells
"Heidekringen". Erst auf dem zweiten Blick sind selbst für den
geschulten Beobachter merkwürdige Strukturen in der Landschaft
erkennbar. Diese "Unebenheiten" mit römischen Wallanlagen, die da
und dort liegenden Steine mit Pflasterungen einer alten römischen
Heerstraße und das Gebiet selbst mit dem ehemaligen Standort eines
römischen Kastells in Verbindung zu bringen, fällt vielen
schwer.
Der
Grund für den "Dornröschenschlaf" des römischen Kastells Heidekringen
liegt nicht allein in der eher bescheidenen Rolle, die es schon zu für
die Erbauer spielte. Das Kastell stand auch in der Forschung schon
immer im Schatten des benachbarten, viel größeren und bedeutenderen
Kastells Zugmantel bei Orlen. Dessen ungeachtet verdient auch die
einstige römische Anlage am Heidekringen die ungeteilte
Aufmerksamkeit, ist es doch ein archäologisches Denkmal der Stadt
Taunusstein.
Bereits 1884 wurde vom "Konservator der
Altertümer im Regierungsbezirk Wiesbaden und Leiter des Wiesbadener
Museums", A. von Cohausen, auf das kleine römische Lager hingewiesen.
1897 erfolgten die ersten Ausgrabungen der fünf Jahre zuvor gebildeten
"Reichslimeskommission", die von der damaligen preußischen Regierung
zur Erforschung der Limesanlagen eingesetzt vor war. Die äußeren
Bedingungen waren in jener Zeit jedoch recht ungünstig, der dichte
Waldbestand sollte geschont werden und machte daher Grabungen nur in
begrenztem Umfang möglich.
So
blieb es Helmut Schoppa vorbehalten, im Sommer 1949
Nachgrabungen vorzunehmen und vor einer Neubepflanzung des
betreffenden Gebietes zu wichtigen Erkenntnissen zu gelangen: Demnach
war das Kastell Heidekringen ein "reines Holz - bzw. Erdlager in Form
eines Vierecks mit abgerundeten Ecken". Die Ausmaße entsprachen, wie es bei anderen Limeskastellen ebenfalls anzutreffen
ist, im Verhältnis der Seitenlängen zueinander 5 zu 6, etwas 72 mal 65
Meter (= 270 mal 225 römischen Fuß). Das Lager selbst war mit einem
Pallisadenzaun umgeben, gegen den ein Erdwall angeschüttet war und der
wohl gleichzeitig als Wehrgang diente, vor dem Zaun befand sich ein 3
bis 4 Meter breiter Graben. An der Nord- und Südseite
war der Zugang durch Tore gegeben, die mit einer gepflasterten Straße
verbunden waren, der "via prinzipalis". Reste von Pflasterungen
innerhalb des Lagers geben Aufschluss über das Vorhandensein von
Kommandanturgebäude und Offiziersquartier, die Innengebäude insgesamt
waren vermutlich leichte Bauten, die Ausgrabungen erbrachten keine
Hinweise auf vorhandene Fundamente oder Pfostenlöcher, die auf eine
solidere Bauweise hätten schließen lassen, lediglich einige Kochstellen
konnten gesichert werden.
Außerhalb des Lagers konnten
einige, wohl zum Kastel gehörenden Podien und Terrassen festgestellt
werden, wobei die nördlichste Terrasse wohl die Römerstraße bildete.
Dieser Weg war mit einem gut vier Meter breiten Pflaster und einem
Straßengraben angelegt und ist noch vielfach gut erhalten. Zwischen ihm
und dem heutigen Waldweg finden sich die Reste eines Steinbaues von
etwa 7 mal 10 Meter, dessen oberbau aus Lehmfachwerk bestanden hat und
mit Glasfenstern versehen war, wie geschmolzene Scherben als Abdrücke
in Holzbalken belegen. Der Unterbau bestand aus einer 70 Zentimeter
starken Mauer aus Feldsteinen, zwischen die als Ausgleichsschicht Lagen
von Ziegelplatten eingesetzt waren, die den Stempel XXII. Legion tragen.
Das
Gebäude, dass nach Aufgabe des Kastells wohl als Straßenstation
Wiesbaden und dem Zugmantel gedient hat, war im südlichen
Teil heizbar und wahrscheinlich mit Schindeln und Stroh gedeckt,
da keine Dachziegeln gefunden wurden. Gegenüber der nordöstlichen
Kastellecke lag, durch den heutigen Weg teilweise zerstört, ein kleines
Bad oder eine Pferdetränke. Zu dem 5,30 Meter mal 1 Meter großen,
ungefähr 1,50 Meter tiefen und holzverschalten Bassin führte ein
gepflasterter Weg, an der östlichen Seite ermöglichten Stufen einen
bequemen Einstieg.
Nach den Grabungsfunden war das Kastel Heidekringen von ungefähr 110 bis 120 nach Christus besetzt und
offensichtlich recht flüchtig, scheinbar als Provisorium, errichtet
worden. Da unter dem römischen Kaiser Hadrian die bisher üblichen
"Hinderlandskastelle" aufgegeben und stattdessen der Limes selbst mit
römischen Lagern befestigt wurde, könnte diese Hypothese durchaus
wahrscheinlich sein. Im Zuge der neuen Limessicherung durch die
Limeskastelle wurde die in Wiesbaden stationierte "Raerterkohorde" als
neue Besatzung des Kastells Saalburg abgezogen.
Durch
die
gleichzeitige Aufgabe der "Hinderlandskastelle" wäre Wiesbaden bis zur
Fertigstellung des Zugmantelkastells ohne militärischen Schutz
geblieben, - diesen Schutz hat man dann wohl die Besatzung des Kastells
Heidekringen übernommen. Nach der Fertigstellung der Anlage am
Zugmantel wurde der Stützpunkt am Heidekringen überflüssig und wohl
bis auf die Straßenstation verlassen.
Speziell die
Keramikfunde des Zugmantel schließen sich unmittelbar an die Funde des
Heidekringen an und stützen die These vom "provisorischen Kastell"
ebenso wie die Tatsache, dass das kleine Lager relativ geordnet
verlassen wurde. Daher sind die archäologischen Funde recht bescheiden.
Einige Scherben von Gebrauchskeramik, Glasscherben, Reste von
Öllämpchen, ein paar gestempelte Ziegel, alles in allem "nur
solche Gegenstände, die während der Besatzungszeit beim täglichen
Gebrauch zerbrachen oder notwendigerweise nicht mitgenommen werden
mussten".
Abschließend bleibt die Feststellung, dass
auch wenn keine sensationellen Funde die Fachwelt auf das kleine
Lager aufmerksam werden ließen, zur Darstellung der römischen
Besiedlung an der "Oberen Aar" neben dem Limes und dem
Zugmantelkastell auch das Lager am Heidekringen gehört und etwas
mehr Aufmerksamkeit verdient hätte.
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